„Ich bin mit Herzblut Gesundheitsministerin“
23.08.2024 - externe Gremien, Apothekenwesen, Ausbildung
Der Podcast „Dein Rezept fürs Leben“ konnte in dieser Woche einen prominenten Gast begrüßen. Die Thüringer Ministerin Heike Werner war im Apothekerhaus zu Gast und sprach mit Geschäftsführer Danny Neidel über ihren Lebensweg, wie er sie ins Ministerium geführt hat und worin sie ihre Aufgabe sieht.
Vielleicht das Fazit gleich zu Beginn, dann versteht man vieles besser. Gefragt nach ihrem Rezept fürs Leben lag die Antwort praktisch schon im Raum – Optimismus. Und die Ministerin präzisiert – „nicht nachtragend sein und sich gute Freunde suchen, das ist, glaube ich, das Wichtigste.“ In diesem Sinn Optimismus zu verstehen, ihn zu leben ist dann tatsächlich ein tragfähiges Rezept fürs Leben und mehr als der billige Glaube daran, es werde schon alles gutgehen. Für die Ministerin ist Optimismus eng mit „neugierig sein“ und „gestalten wollen“ verbunden, vom Ansatz her natürlich Eigenschaften, die für eine Ministerin sehr nützlich sind.
Zusammenwirken eint - auch über Gräben
Ein Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie kann man nur mit zupackendem Optimismus führen. Natürlich gibt es einen „roten Faden“, der all diese Themen miteinander verbindet, aber es braucht Neugier und die Fähigkeit auf Menschen zuzugehen, um hier etwas bewirken zu können. Noch einmal sehr viel stärker waren diese Eigenschaften in den Coronazeiten gefordert. In den Worten der Ministerin schwingt Dankbarkeit mit, wenn sie über das gute Zusammenwirken der verschiedenen Akteure im Gesundheitswesen, aber auch über ihre Mitarbeiter im Ministerium spricht, die „in der Krise über sich hinausgewachsen sind“.
„Ich habe nicht den Stein der Weisen gefunden“
Gesundheit ist ein Politikfeld mit vielen Akteurinnen und Akteuren, die alle ganz verschiedene Sichtweisen auf ein gemeinsames Arbeitsfeld haben, die als Expertinnen wesentliche Themenbereiche auch sehr unterschiedlich bewerten. Hier als Ministerin aktiv dirigieren und auch leiten zu müssen, ist eine durchaus schwierige Herausforderung, bei der der Ministerin wiederum Neugier und Aufgeschlossenheit geholfen haben, Nähe und vertrauensvolle Zusammenarbeit zu ermöglichen. Das gelte gerade auch auf der politischen Ebene zwischen den gesundheitspolitisch Verantwortlichen der meisten Parteien im Thüringer Landtag.
„Ich mag die Atmosphäre in Apotheken“
Eine Stammapotheke hat Frau Werner nicht, weiß aber, dass es sehr empfehlenswert ist, wenn man regelmäßig Medikamente braucht. Sie gehe auch sehr gerne in Apotheken, weil ihr die ruhige Atmosphäre gefalle, hier fühle sie sich gut beraten und fände tatsächlich auch einige Geburtstagsgeschenke – gerade in diesen Worten spürt man die Orientierung von Heike Werner zum Sozialen, die sie mit der Gesundheit verbinden kann.
„Die Rahmenbedingungen stimmen nicht mehr“
Neben diesem positiven Bild sagt die Ministerin aber auch sehr offen, dass sich die Rahmenbedingungen für die Apotheken verschlechtert haben. Der Staat hat eine wichtige, eine hoheitliche Aufgabe an die Apotheken delegiert, die in den vergangenen Jahren starken Veränderungen ausgesetzt war, ohne dass der Staat seine eigene Verantwortung tatsächlich wahrgenommen hat. Die seit 2013 nicht mehr angepasste Honorierung sei da ein wichtiger Mosaikstein, aber keineswegs der einzige. Die Bürokratie habe sich verändert, mit den Lieferengpässen sind ganz neue Herausforderungen von den Apotheken zu meistern, nicht nur logistisch, sondern gerade auch in der Kommunikation mit den Patientinnen.
„Versandhandel ist eines der Grundprobleme“
Bemerkenswert ist, mit welcher Deutlichkeit die Ministerin den Versandhandel mit Arzneimitteln ablehnt. Es sei eben keineswegs überall so und eben nicht ganz normal, dass es diesen Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln gäbe. Aber er ist ein wesentlicher Grund dafür, dass sich die Situation der Apotheken kontinuierlich verschlechtert hat.
„Er hat nicht verstanden, was der Anspruch der Apothekerinnen und Apotheker ist“
Eine Apotheke ohne Apothekerin oder Apotheker mag sich die Thüringer Gesundheitsministerin nicht vorstellen. Menschen zu beraten, sie in Krankheit zu unterstützen und ihnen in Problemsituationen beistehen zu können, das sei der Anspruch, den Apothekerinnen und Apotheker an ihre Arbeit haben. Gleichzeitig sei es die Verpflichtung der Politik die flächendeckende Versorgung sicherzustellen und das lässt sich nach der Überzeugung der Ministerin nicht mit besseren Abgabestellen gewährleisten. „Dafür braucht es den Apotheker.“
Protest der Apotheken und die klare Haltung der Bundesländer wirken
Ministerin Werner verweist darauf, dass die Bundesländer sich sehr stark und klar für die Apotheken ausgesprochen haben und Position bezogen, sei es über einen Beschluss der Ministerpräsidenten als auch die Gesundheitsministerkonferenz, die Stellungnahmen aus den Gesundheitsministerien und diverse Bundesratsinitiativen. Eine besondere Gefahr sieht sie, aber durchaus auch andere Gesundheitsministerinnen durch die fortschreitende Kommerzialisierung. Wenn man die Systeme immer mehr für die Märkte öffne, dann sei es eben nicht mehr dasselbe wie eine inhabergeführte Apotheke mit dessen persönlicher Verantwortlichkeit. Da sei sie schon frustriert und auch überrascht, dass auf diese Gefahr, die ja nachweislich bestehe, kaum geachtet werde. Aber sie zeigt sich letztlich doch wieder optimistisch, dass der Protest der Apotheken und auch die klare Haltung der Ländern Wirkung zeigen, schließlich sei der Gesetzesentwurf noch immer nicht durch das Kabinett verabschiedet, „aber wir müssen natürlich dranbleiben.“
Qualitätsverbesserung ist ein erster Schritt
Das Thema Ausbau des Instituts für Pharmazie in Jena ist auf Thüringer Ebene heiß umstritten und wird kontrovers diskutiert. Auch in der langen Amtszeit der Gesundheitsministerin Werner hat es hier keinen substantiellen Fortschritt gegeben, nun steht die Erweiterung jedoch im Wahlprogramm der Partei. Die Ministerin verweist darauf, dass sie die Erweiterung befürwortet hat, das Studium aber im Zuständigkeitsbereich des Wissenschaftsministeriums liegt. Politik müsse einen langen Atem haben. Wichtig sei eben auch, dass die Qualität des Studienganges in Thüringen stimme. Im Moment ist die Abbrecherquote relativ hoch, was nicht zuletzt am Zustand des Instituts liegt. Hier gäbe die Modernisierung einen wichtigen Impuls. Gleichzeitig muss es wichtig sein, den Beruf attraktiv zu erhalten. Der Tag der Pharmazie sei hier ein erfolgreiches Beispiel dafür, wie wichtig es ist, frühzeitig auf die interessierten Schülerinnen und Schüler zuzugehen.
„nicht bewusst war, wie existentiell eine schnelle Entscheidung für den Einzelnen ist“
Auch die beiden letzten Punkte, die Danny Neidel anspricht, sorgen durchaus für Spannung zwischen dem Land Thüringen und der LAKT. Zum einen kritisiert die Standesvertretung, dass das Bundesland in den Anerkennungsverfahren keine gute Figur abgegeben hat und der Ruf nachhaltig beschädigt wurde. Das sieht auch die Ministerin so, die sich auch darüber ärgert, dass dieser schlechte Ruf auch immer noch besteht, obwohl das Landesverwaltungsamt inzwischen personell aufgerüstet hat und so die Situation deutlich verbessert werden konnte.
Gesundheitskioske – „eigentlich nennen wir sie jetzt Landzentren“
Neidel spricht auch das Thema Gesundheitskioske an. Im Grunde sei das Konzept doch ein Soziales, durch den Begriff Gesundheit werde aber eine Kompetenz in Aussicht gestellt, die aus Bereichen abgezogen werden muss, die eigentlich gestärkt werden müssen. Ministerin Werner verweist auf die Entstehung der Kioske, die tatsächlich vordergründig eine soziale Idee sind, aber ab einem gewissen Punkt lassen sich soziale und gesundheitliche Probleme eben nicht mehr trennen. Ihr Gedanke ist tatsächliche eine Vermittlerrolle, am Beispiel der Telemedizin lässt sich das zeigen. In den Landzentren werde die Infrastruktur bereitgestellt, also die Technik, die Netzanbindung und eben auch ein Ansprechpartner, der bei Schwierigkeiten helfe. So verstanden ist ein solcher Kiosk ein Schritt zur Teilhabe und das sei sehr wertvoll. Neidel gibt hier dahingehend Recht, betont aber noch einmal, das bestehende Strukturen tatsächlich nicht geschwächt werden dürften und die Wahlfreiheit nicht eingeschränkt wird. Dies bestätigt die Ministerin, betont zugleich aber, dass Menschen ohne Teilhabe gar keine Wahl mehr hätten.
„Sie sind ein starker Verband und das ist gut so!“
Wie es für Heike Werner nach der Wahl weitergehen wird, sieht sie – optimistisch. Sie habe sich nicht auf die Wahlliste wählen lassen, da sie sehr gerne als Ministerin weiterarbeiten würde. Wenn dies nicht möglich sei, dann lehre sie ihre Lebenserfahrung, dass sich eine andere Tür öffne. Auch der Geschäftsführer wählte das Bild der offenen Tür, die die Kammer immer gefunden habe, wenn es wichtige Dinge zu besprechen gegeben hätte. Dafür dankte er der Ministerin sehr herzlich.