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Zwei Euro Fünfzig für 2 Stunden
05.06.2023 - Apothekenwesen, Presse

Anlässlich des diesjährigen Tages der Apotheke am 7. Juni weisen die Thüringer Apothekerinnen und Apotheker darauf hin, dass in einer üblichen Apotheke derzeit zwischen 300 und 400 Arzneimittel am Lager fehlen, die eigentlich vorrätig sein sollen, aber nicht zu beschaffen sind. „In vielen Fällen ist der Austausch mit einem wirkstoffgleichen Präparat möglich“, sagt Andrea Kern, Leiterin der Apotheke in Suhl Heinrichs und Vorstandsmitglied der Landesapothekerkammer Thüringen. „Dann können wir unseren Patienten schnell helfen. Allerdings müssen wir die „Nicht-Verfügbarkeit“ des eigentlich verordneten Präparates auf dem Rezept dokumentieren, damit die Krankenkasse nicht auf die Idee kommt, das Arzneimittel nicht zu bezahlen.“

Problematisch wird es dann, wenn kein adäquater Ersatz gefunden wird, das Arzneimittel also von keinem Hersteller mit diesem Wirkstoff in vergleichbarer Stärke lieferbar ist. Erst dann beginnt der aufwändige Teil der Arbeit mit Telefonieren (mit Großhandel, Firmen, andere Apotheken), Internetrecherche und Arztrückrufen. „In meiner Apotheke kommt das drei bis fünfmal täglich vor, da können schon mal zwei Stunden draufgehen“, beschreibt die Suhler Apothekerin ihre Situation. „Im Moment betrifft das hauptsächlich Insuline, die von Diabetikern zur Dauertherapie benötigt werden und Antibiotika, die möglichst schnell eingesetzt werden müssen, um akute bakterielle Infektionen umgehend einzudämmen.“

Ist das der neue Normalzustand?

Grundsätzlich unterscheidet die Politik zwischen Liefer- und Versorgungsengpässen. Während bei Versorgungsengpässen kein Arzneimittel mit dem entsprechenden Wirkstoff zur Verfügung steht, die Menschen also ein komplett anderes Arzneimittel erhalten müssen, sind Lieferengpässe aus Sicht der Politik wohl der Zustand, an den man sich gewöhnen muss. Zumindest will man es gar nicht so genau wissen, denn es gibt weder eine Meldeverpflichtung für Lieferschwierigkeiten noch klare Kriterien, wann ein Arzneimittel als nicht lieferbar gilt.

50 Cent sind Mindestlohn für nicht einmal 3 Minuten

„Wenn man mit der Politik spricht, was denn gegen Lieferengpässe zu tun ist, stößt man auf sehr viel Ratlosigkeit. Man ist betroffen und zuckt die Schultern. Mir ist das insgesamt zu wenig.“, ärgert sich Apothekerin Kern. Lieferengpässe nimmt die Politik nicht ernst, es muss schon „versorgungskritisch“ sein und kosten darf der Aufwand auch nichts, oder fast nichts. „Jede Apotheke soll nach den Plänen des Gesundheitsministeriums genau 50 Cent für jedes erfolgreich gefundene Austauscharzneimittel bekommen - aber nur, wenn es vorher als versorgungskritisch eingestuft wurde und mit der Arztpraxis Rücksprache gehalten wurde. Also nicht die Fälle, in denen wir in fünf Minuten eine Lösung gefunden haben, sondern nur die, für die wir 10 Telefonate geführt, den Arzt besucht und ein Formular ausgefüllt haben, das wir 3 Jahre aufheben. Und das zählt nur, wenn der Hersteller so freundlich war, den Lieferengpass zu melden und die Arzneimittelbehörde das als wichtig angesehen hat.“

Protesttag am 14. Juni

Dass dies nicht so weitergehen kann und jedes Arzneimittel, das fehlt, die Versorgung verschlechtert und am Ende die Lebensqualität der Betroffenen gefährdet, nehmen Thüringens Apothekerinnen und Apotheker zum Anlass, sich am bundesweiten Protesttag am 14. Juni zu beteiligen.