Thüringer Standesvertretungen richten Appell an Ministerpräsidenten
30.07.2024 - Information & Internet, Apothekenwesen, externe Gremien, interne Gremien, Recht
Vollmundig erklärt das Bundesgesundheitsministerium in seinem Referentenentwurf zum Apotheken-Reformgesetz, dass „mit diesem Gesetz die notwendigen Rahmenbedingungen für eine bessere Arzneimittelversorgung durch Apotheken in der Fläche geschaffen werden“ sollen.
In einem Schreiben an den Thüringer Ministerpräsidenten Bodo Ramelow haben der Präsident der Landesapothekerkammer Ronald Schreiber und der Vorsitzende des Thüringer Apothekerverbandes Stefan Fink deutlich gemacht, dass dies eine gefährliche Schwärmerei des Bundesgesundheitsministers ist, die leider gar nichts mit der Realität zu tun hat. Eine Apothekenreform,
- die auf „Apotheken“ ohne Apothekerinnen oder Apotheker setzt,
- die darauf setzt, dass Verantwortung auf Assistenzberufe abgewälzt wird, weil sie billiger sind,
- welche die Arzneimittelberatung grundsätzlich „entprofessionalisiert“,
- welche die Freiberuflichkeit schwächt und die eigenverantwortliche Selbstständigkeit aushöhlt,
- die davon ausgeht, dass Apotheken ihre Öffnungszeiten um 10 Wochenstunden reduzieren können,
- die Arzneimittel und damit die Gesundheit zu einer bloßen Konsumware macht,
- welche die ständige Dienstbereitschaft der Apotheken abschafft und den Notdienst auch in der Arzneimittelversorgung zentralisiert,
- die meint, dass Apotheken die Gehälter und Rechnungen von heute mit der Honorierung von vor 20 Jahren bezahlen kann,
- die es für eine gute Idee hält, 80 % der Arbeitsplätze für wissenschaftlich ausgebildete Apothekerinnen in Call-Center auszulagern,
- die keines der erkannten Probleme löst, sondern stattdessen die Qualitätsstandards absenkt,
kann nicht zu einer besseren Versorgung mit Arzneimitteln führen. Ein Gesetzgeber, der empfiehlt, Effizienzreserven zu heben, indem Stunden abgebaut und Stellen gestrichen werden, hat den Kontakt zur Realität in der Gesundheitsversorgung verloren.
„Eine Apotheke ohne Apothekerin ist wie Politik ohne Dialogbereitschaft. Sie wird ihrer Verantwortung nicht gerecht. Die Vorschläge des Bundesgesundheitsministeriums gefährden die Arzneimittelversorgung in Thüringen. Das Apotheken-Reformgesetz schafft ganz eindeutig die Grundlage für die Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes, die persönliche Verantwortung wird auf das Niveau einer Fernwartung abgesenkt. Das Arzneimittel wird zur Ware und die Arzneimittelversorgung von einer Gemeinwohlverpflichtung zu einem reinen Handelsprozess. Die Beratung zur richtigen Anwendung von Arzneimittel wird zu einem Kostenfaktor, die standardisiert fernmündlich übermittelt werden kann“, heißt es im gemeinsamen Schreiben der Thüringer Berufstandsvertretungen.
All dies ist nicht im Interesse Thüringens, denn es schadet seinen Bürgerinnen und Bürgern. Für deren Wohl einzutreten, es zu schützen, sei die höchste Pflicht des Thüringer Ministerpräsidenten. Die Thüringer Apothekerinnen und Apotheker sind sehr dankbar für die fachliche Stellungnahme des Thüringer Gesundheitsministeriums und appellieren an den Thüringer Ministerpräsidenten, sich ebenfalls klar und öffentlich sichtbar gegen dieses Reformgesetz zu positionieren und die Rückkehr zu einer fairen, auf Ausgleich und am Wohl der Menschen orientierten Gesundheitspolitik einzufordern.