Die Apothekenleitung ist immer verantwortlich - auch wenn PTA von der Aufsichtspflicht befreit werden können
07.03.2023 - Recht, Apothekenwesen
Wir erhielten das Schreiben einer PTA, die ganz offensichtlich Probleme mit den neuen Regeln der Apothekenbetriebsordnung hat. Da wir davon ausgehen, dass die aufgeworfenen Fragen durchaus auch in anderen Apotheken diskutiert werden, veröffentlichen wir an dieser Stelle Fragen und Antworten.
„Ich möchte mit diesem Schreiben meinen Unmut zur PTA Reform kundtun. Es ist traurig, dass ich, nach über 20 Jahren Berufserfahrung als PTA, mich mit dieser Reform degradiert und nicht ernst genommen fühle. Leider habe ich im Laufe dieser Zeit festgestellt, dass der Beruf der PTA dermaßen den Respekt und die Anerkennung verloren hat und das Berufsbild derart klein gehalten wird, so dass es für mich keinen Sinn ergibt jemanden diesen Beruf zu empfehlen. Es gibt keine Aufstiegsmöglichkeiten als PTA und in meinen Augen ist dieser Beruf völlig unterbezahlt.
Ich hatte das Glück, dass mein Arbeitgeber mir die Erlaubnis gab und das Vertrauen entgegenbrachte, meine Tätigkeiten ohne Beaufsichtigung durchzuführen. Mit der jetzigen PTA Reform ist dies ja scheinbar nur mit dem Fortbildungszertifikat möglich. Nach all den Jahren selbständigen Arbeitens habe ich das Gefühl wieder wie ein Berufsanfänger von vorne anfangen zu müssen.
Wir als PTA müssen uns täglich neuen Herausforderungen und Aufgaben stellen. Wir sind Alleskönner {von Rezeptur, über HV, über Warenwirtschaft etc. etc.). Wir müssen vor dem Patienten täglich unser Wissen bereitstellen, wobei der Patient nicht unterscheidet zwischen Apotheker oder PTA. Wir sind in der Apotheke unentbehrlich, weil wir den Betrieb am Laufen halten.
Mit dieser Reform verlieren Sie noch die letzten Mitarbeiter in der Apotheke, weil dem Berufsbild PTA keine Wertschätzung, Anerkennung und kein Respekt entgegengebracht wird. … Wir als PTA haben so viele neue Ideen und Inspirationen dazu, wie man diesen Beruf neugestalten kann und muss, aber man wird nicht mit einbezogen und nicht gefragt.
Ich hoffe sehr, dass in Zukunft mehr für den Beruf PTA getan wird, um ihn attraktiver zu gestalten.“
Danke für Ihr Schreiben. Ihr Ärger und Ihr Frust sind sehr gut spür- und auch nachvollziehbar. Erlauben Sie uns jedoch, das eine oder andere zu kommentieren und hin und wieder auch gerade zu rücken.
- Sie haben Recht. Wir sind als Apothekerkammer die Berufsvertretung von Apothekerinnen und Apothekern - wir sind keine Apothekenkammer. Insofern sind die Belange von PTA für uns wichtig, allerdings haben wir in den seltensten Fällen ein Mitspracherecht, wenn es um Vorgaben zum PTA Beruf geht. Die Apothekerkammern werden gelegentlich zu einem Vorhaben befragt, aber tatsächlich Einfluss nehmen, können wir in der Regel nicht.
- Wer nimmt Ihre Interessen wahr? Auf diese Frage können wir Ihnen aus Neutralitätsgründen nur begrenzt Antworten geben. Gewerkschaften vertreten Arbeitnehmerrechte. Sie sind Vertragspartner beim Tarifvertrag, auf den Sie in Ihrem Schreiben Bezug nehmen. Daneben gibt es auch Vereine, die sich für Ihren Beruf stark machen.
- Die Verantwortung für Ihre Arbeit in der Apotheke trägt die Apothekenleitung, das war vor der Reform so und ist es auch jetzt. PTA arbeiten grundsätzlich unter Aufsicht, von dieser Aufsicht können nun bestimmte Arbeitsbereiche ausgenommen werden. De facto gab es vor der Reform für PTA ein Arbeiten ohne Aufsicht gar nicht. Ein Zurückstufen, weil Sie jetzt wieder unter Aufsicht arbeiten müssen, gibt es also nicht. Allein bei der Herstellung von Rezepturarzneimitteln, wird nun explizit gefordert, dass eine Apothekerin, ein Apotheker das Herstellungsprotokoll unterschreibt. Aber das war im Grunde auch vorher die Regel, weil die Freigabe des Arzneimittels dokumentiert werden musste, und das geschah und geschieht in der Regel auf eben diesem Herstellungsprotokoll. Praktisch ändert sich hier also eigentlich nichts.
- Wie die Apothekenleitung ihre Aufsichtspflicht interpretiert, ist ihre Entscheidung. Aufsicht heißt nicht, dass ein Apotheker oder eine Apothekerin, die ganze Zeit neben Ihnen steht und jeden Handgriff von Ihnen überwacht. Es gibt ein paar Grenzen, die es einzuhalten gilt, die wurden für PTA ohne Fortbildungszertifikat aber praktisch nicht verändert. Alles, was Sie jetzt als „Degradierung" empfinden, liegt in der Verantwortung der Apothekenleitung. Ein Beispiel soll dies verdeutlichen: Bisher mussten alle PTA Rezepte vorlegen, Privatrezepte vor der Abgabe, bei Rezepten, die in der Apotheke verbleiben, unverzüglich nach der Abgabe. Das galt vor der Reform für alle PTA und gilt jetzt für alle PTA, die die in § 3 ApBetrO genannten Voraussetzungen nicht erfüllen. Da gibt es keine Änderung, also auch keine Degradierung. Wenn wir in dieser Sprache bleiben wollen, ist es nun möglich „befördert zu werden", ansonsten bleibt es beim Alten.
- Zu tarifrechtlichen Bestimmungen geben wir keine Auskünfte, hier könnten Sie sich an die Gewerkschaft wenden.
Auch wir sind mit der „PTA-Reform“ nicht in allen Punkten einverstanden, im Grunde entsteht mehr Bürokratie, ohne dass sich Dinge sinnvoll ändern. Durch die Neuregelungen ist das „Vier-Augen-Prinzip“ in Frage gestellt und wir würden niemals dazu raten, von diesem Mittel der Qualitätssicherung in Apotheken abzuweichen, weder bei der Abgabe noch bei der Herstellung von Arzneimitteln. Wir haben im Gesetzgebungsverfahren unsere Bedenken vorgebracht, sind aber nicht gehört worden. Die Verantwortung für die neuen Regeln trägt der Gesetzgeber.
Verstehen Sie uns nicht falsch, alle Apotheken leben vom Engagement ihrer Mitarbeitenden, nicht zuletzt von den PTA, die oft „das Gesicht“ ihrer Apotheke sind. Und wir sind sehr froh, dass dies ganz offensichtlich bei Ihnen zutrifft. Die Landesapothekerkammer Thüringen hat aber nicht den Einfluss, den Sie uns offensichtlich zuschreiben.