Lebenszeichen Apotheke – was sich ändern muss
13.06.2023 - Presse, Information & Internet, interne Gremien, Apothekenwesen
Die Zahl der Thüringer Apotheken befindet sich seit Jahren im Sinkflug und erreicht in diesem Jahr einen historischen Schwellenwert – nur noch 500 Apotheken sind für die flächendeckende 24/7 Arzneimittelversorgung in Thüringen verantwortlich, so wenige wie zuletzt 1996.
„Natürlich ist die Situation heute eine völlig andere als in den neunziger Jahren“, sagt Danny Neidel, Geschäftsführer der Landesapothekerkammer Thüringen. „Damals gab es einen riesigen Nachholbedarf, das flächendeckende Apothekennetz war im Aufbau und wurde erst bis in alle Winkel unseres Landes gespannt. Heute werden die Löcher in diesem Netz wieder größer. Und das spüren die Menschen ganz deutlich.“
Mehrbesitz braucht mehr Personal und ist nicht die Lösung
„Zur Jahrtausendwende hatte sich die Zahl auf etwa 540 eingepegelt. Für vier, fünf Jahre war die Zahl in etwa konstant.“, berichtet Apotheker Neidel. „2003 traf die Bundesregierung dann mit der Zulassung des begrenzten Mehrbesitzes eine folgenschwere Entscheidung, die die Situation von Grund auf veränderte und letztlich die heutige Lage entstehen ließ.“ Bis 2003 war es jeder Apothekerin, jedem Apotheker gestattet, nur eine einzige Apotheke zu besitzen, danach waren bis zu vier Betriebsstätten möglich. „Eine Regelung nicht ganz ohne Risiko. Ein Apotheker in seiner Apotheke oder eine Apothekerin in ihrer können auf Personalengpässe schnell reagieren, im Zweifel bleiben sie länger und übernehmen die vakanten Aufgaben. Aber sie oder er kann nicht an vier Stellen gleichzeitig sein, d.h. der Personalbedarf innerhalb des Apothekenverbundes steigt.“ Diese Neuregelung löste eine Welle von Neugründungen aus, oft an besonders frequentierten Orten, mit langen Öffnungszeiten, was das Personalproblem zusätzlich verschärfte.
Den Höhepunkt erreichte die Apothekenzahl dann 2010, als 583 Apotheken in Thüringen beheimatet waren. Seitdem sind die Zahlen zuerst allmählich, dann immer schneller zurückgegangen. In den letzten Jahren sind es durchschnittlich zehn Apotheken, die jährlich schließen. „Wir beobachten dabei eine Verschiebung weg vom Land. Über 20 Thüringer Kleinstädte haben in den letzten Jahren „ihre Apotheke“ verloren – es gibt sie einfach nicht mehr. Auch in diesem Jahr sind von den fünf Apotheken, die ihre Türen für immer geschlossen haben, zwei, die allein in ihrem Ort waren, eine weitere solche Schließung ist für Ende Juni angekündigt. Für August und Oktober die nächsten, so dass die 500 in diesem Jahr fallen wird.“, mit Sorge blickt Neidel auf einen beängstigenden Meilenstein, der nur ein Zwischenwert sein wird, wenn es einfach so weitergeht.
7-Punkte-Plan für ein lebenswertes und gesundes Thüringen
„Es ist Zeit zu handeln. Die Arzneimittelversorgung im Land muss gestärkt werden, wir können es uns nicht erlauben, jungen Menschen, die Pharmazie studieren wollen, dies aus vorgeschobenen Gründen zu verwehren. Was dabei entsteht, ist ein künstlicher Mangel, der die Apotheken gerade in den ländlichen Teilen Thüringens vor nahezu unlösbare Probleme stellt. Und damit auch die Bevölkerung, die dort zuhause ist.“
Die Thüringer Apothekerinnen und Apotheker protestieren am 14. Juni also nicht allein für ihre Belange. Was sich neben verbesserten Studienbedingungen in Jena noch ändern muss, haben sie in einem 7-Punkte-Plan zusammengefasst. Diesen Plan verstehen sie als ein „Lebenszeichen Apotheke“, für ein lebenswertes und gesundes Thüringen, das sie nicht einfach aufgeben wollen, weder in den Städten noch auf dem Land.