Thüringen verliert weitere Apotheken
10.02.2023 - Presse
Das Apothekennetz wird immer dünner: Im Jahr 2022 verzeichnete die Landesapothekerkammer eine Neueröffnung in Saalfeld. 11 Apotheken schlossen hingegen ihre Pforten dauerhaft. Somit ist im Freistaat im 12. Jahr in Folge die Zahl der Apotheken gesunken.
Am 31. Dezember 2022 versorgten nur noch 507 Apotheken die Thüringer Bürgerinnen und Bürger, was im Vergleich zum Vorjahr einem Rückgang um zehn Betriebstätten entspricht. Die Schließungen sind über den gesamten Freistaat verteilt – egal ob in Gera, Ilmenau, Arnstadt, sogar in Erfurt und Weimar wurden Standorte geschlossen, obwohl hier die Bevölkerungszahl im Gegensatz zum Landesdurchschnitt wächst. Ungefähr jede vierte Apotheke wird in Thüringen als Filiale geführt. Dementsprechend werden die 507 Apotheken von nur noch 389 selbständigen Inhaberinnen und Inhabern geführt. „Das ist der niedrigste Wert seit 1991. Die erfolglose Suche nach Apothekerinnen und Apothekern als Nachfolger, eine überbordende Bürokratie und die sich verschärfenden Lieferengpässe sind derzeit die größten Herausforderungen oder eben auch Hindernisse für den Weg in die Selbstständigkeit“, berichtet Danny Neidel, Geschäftsführer der Landesapothekerkammer.
Die Apotheken in Thüringen bieten aktuell fast 4.000 wohnortnahe Arbeitsplätze. Dies entspricht einem Zuwachs von 500 Arbeitsplätzen in den vergangenen 20 Jahren. Doch der Bedarf ist aufgrund wachsender Aufgabenfülle deutlich größer. „Hinzu kommt, dass der Anteil der älteren Bevölkerung auch in absoluten Zahlen ansteigt“, so Neidel. Und dass Apothekerinnen und Apotheker an allen Ecken und Enden fehlen, ist kein neues Phänomen. Dabei fehlt es keineswegs an Interessierten – die Pharmazie ist NC-Fach, für das es auch in Jena weit mehr Bewerberinnen und Bewerber als Studienplätze gibt. Und mit dem Tag der Pharmazie, der im nächsten Jahr zum 5. Mal stattfinden wird, kümmert sich der Berufsstand darum, dass das auch so bleibt.
Der Trend fallender Apothekenzahlen setzt sich auch im aktuellen Jahr fort. Am 31. Dezember 2022 öffneten sich die Türen der Arnsberg-Apotheke in Arnstadt zum letzten Mal. Von ehemals acht Apotheken der Stadt sind damit nur noch sechs übriggeblieben. Dabei ist die Stadt mit offiziell mehr als 27.000 Einwohnerinnen und Einwohnern und einem steigenden Altersdurchschnitt doch auf eine sichere Arzneimittelversorgung angewiesen. Auch die Alte Apotheke in Heiligenstadt musste nach 242 Jahren schließen, weil keine Nachfolge gefunden wurde.
Gesunde Mittdreißiger sind da vielleicht ganz schnell beim Schulterzucken – einen Mangel an Apotheken zum Beispiel in Erfurt können sie nicht erkennen. Doch nicht überall ist Innenstadt, nicht überall beste Lauflage. Gerade Stadtteil-Apotheken gehen verloren und vor allem auf dem Land lässt sich der Mangel kaum noch übersehen. Mit der Apotheke in Gräfinau-Angstedt, der Apotheke in Lengenfeld unterm Stein und der Apotheke Arenshausen verloren 2022 wieder drei Kleinstädte in Thüringen ihre Apotheke. „Und zum 31. März 2023 wird es eine weitere Ortschaft im Thüringer Wald treffen. Seit 2008 werden es dann 18 Thüringer Gemeinden sein, die dieses Schicksal teilen. 18 Orte, in denen die Lebensqualität gesunken ist, 18 Orte, in denen die Versorgungssicherheit schlechter wurde. 18 Orte, die nicht nur an Attraktivität verloren haben, sondern etwas Wichtiges, etwas scheinbar Selbstverständliches“, so Apotheker Neidel.